Im Kapitel 4.8 – „Ich und du und noch jemand …“ hast du die Wahrnehmungspositionen kennen gelernt. Mit der Hilfe dieser Methode kannst du dich leicht in die subjektive Erlebenswelt anderer Menschen hineinversetzen und deren Landkarte kennen lernen. Das hilft dir zum Beispiel bei zwischenmenschlichen Konflikten, oder wenn du Motive und Strategien eines anderen besser verstehen möchtest.
Wenn du die Übungen auf den Seiten 121 bis 123 absolviert hast, macht es Sinn, dein Training der Wahrnehmungspositionen noch weiter zu vertiefen.
Unser Wahrnehmungsteppich (siehe Abbildung) ist eine Eigenentwicklung unseres Instituts. Sein Vorzug liegt darin, dass er alle Positionen und alle Zeiten abbildet und sowohl von einer wie von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden kann. Damit ist er auch für fortgeschrittene NLP-Anwendungen nützlich, etwa für die Kombination der Wahrnehmungspositionen mit einem Timeline-Coaching (Seite 220 im Buch) oder einer Aufstellungsarbeit. Im Seminar liegt er wie ein großer Teppich zu Füßen der Teilnehmer, die darauf auf ihre Erkundungstour gehen, während der prozessbegleitende Coach von außerhalb seine Instruktionen gibt und Fragen stellt. Damit wirkt der Teppich wie ein » Bodenanker (siehe Seite 79 im Buch) der die Assoziation erleichtert und das Erleben intensiviert.
Ziel: Durch den Wechsel der Wahrnehmungspositionen eine neue Perspektive für das Problem gewinnen. Basis ist die Grundannahme: „Du kannst das Verhalten anderer Menschen nicht verändern, wohl aber deine Reaktion darauf“ (siehe Seite 59 im Buch). Dem Übenden bzw. dem Coachee soll klar werden, welchen Anteil er an der Aufrechterhaltung des Konflikts hat – und dass er genau diesen Anteil ändern kann.
Vorbemerkung: Wir zeigen zunächst die klassische Variante der Übung „Drei Positionen“ (1. Teil). In unserer Weiterentwicklung haben wir die Zeitdimension hinzugefügt. Damit wird es möglich, die zeitliche Dynamik eines Konfliktes abzubilden und eine neue Entwicklung einzuleiten. Du kannst den perspektiven-Teppich nachstellen, indem du entsprechende Karten und Symbole auf dem Boden anordnest.
Beteiligte: Personen A („Ich“) und B (prozessbegleitender Coach). Um klar zu unterscheiden, nennen wir die Personen, deren Wahrnehmungen herausgefunden werden sollen, in dieser Anleitung
• Ich: Michael,
• die andere: Paula,
• der neutrale Dritte: Peter. Diese Person ist nicht in den Konflikt involviert, kennt jedoch die Konfliktbeteiligten und ist neutral. Manchmal findet A eine solche Person nicht. Dann darf es ausnahmsweise eine Phantasiefigur sein, z. B. ein Schauspieler, ein berühmter Experte etc.
Es darf in dieser Übung außer A nur einen weiteren Konfliktbeteiligten geben. In fortgeschrittenen Anwendungen kann das Format auf Konfliktlösungen in Gruppen übertragen werden, z. B. für Teamentwicklungsprozesse.
Eine Metaposition außerhalb des Teppichs legen.

Konflikte lösen auf dem Wahrnehmungsteppich
| Schritte | Hinweise | |
| 1. | B befragt Michael kurz nach dem Problem. Michael benennt die beteiligte Person, in unserem Beispiel Paula. Michael benennt außerdem die dritte Person (hier: Peter). Auf die entsprechenden Felder Karten legen: „ICH“, Paula, Peter. | B bezeichnet den Coach. |
| 2. | Michael stellt sich auf „Ich – Gegenwart“. VAKOG+ in das Problem. Dabei stellt A sich vor, dass Paula auf der für sie vorgesehenen Position (Paula, Gegenwart) steht. Michael schildert auf ICH alle Facetten des Problems. Was macht Paula genau? Was mache ich? Wie fühle ich mich dann? | Hier kann B durch Nachfragen helfen. |
| 3. | Separator. | |
| 4. | Michael stellt sich einen Schritt hinter Paula. Während er einen Schritt nach vorn auf Paulas Feld geht, assoziiert er sich in sie und wird nun gewissermaßen zu Paula. Diese assoziiert sich in das Problem und beschreibt es aus ihrer Wahrnehmungsposition. | WICHTIG: Um diese ungewohnte Gehirnleistung zu unterstützen, spricht B die Person konsequent mit dem Namen Paula an. |
| 5. | B: Was willst du erreichen, wenn du dich Michael gegenüber so … verhältst? Was wünscht du dir von Michael? Was tust du, um den Konflikt aufrecht zu erhalten? | B vertieft Paulas Schilderung, indem er Fragen stellt. Diese Fragen sind Beispiele, du kannst sie an den Fall anpassen. |
| 6. | Separator » Meta. | |
| 7. | B: Wie war die Erfahrung? Hast du etwas Neues über diesen Konflikt gelernt? | |
| 8. | Michael geht einen Schritt hinter das Feld „Peter“. Assoziation in Peter, der jedoch das Problem dissoziiert betrachtet. | |
| 9. | B: Peter, du kennst Michael und Paula. Die beiden haben einen Konflikt miteinander. Wie würdest du den von außen betrachtet beschreiben? | Wichtig ist, das Peter neutral bleibt und beschreibt, nicht wertet. Zum Ende fragt B: |
| 10. | B: Peter, was meinst du, was brauchen die beiden, um zu einer Lösung zu finden? | |
| 11. | Seperator und Auswertung auf Meta: Was hast du neues über den Konflikt gelernt? Ist der Konflikt nach dieser Arbeit emotional immer noch so belastend wie zuvor? | Hier spricht B wieder mit Michael! An dieser Stelle endet die klassische Variante. Es folgt unsere Weiterentwicklung |
| 12. | Michael geht von Meta auf das Feld „Ich – Vergangenheit“. Blickt auf Feld Paula. B fragt: Seit wann gibt es diesen Konflikt? Wie fühlst du dich hier, wenn du auf Paula schaust? War vor diesem Zeitpunkt alles in Ordnung in deiner Beziehung mit Paula? Was ist hier anders als in der Gegenwart? Möchtest du, dass es wieder so wird? Welches sind hier, in der Vergangenheit, die wichtigsten Werte, die euch verbunden haben? |
B arbeitet durch Befragen möglichst genau heraus, was in der Vergangenheit anders war als in der Gegenwart. Die Fragen sind Beispiele. |
| 13. | Seperator » Meta. | |
| 14. | B: Was war die wichtigste Ressource in der Beziehung damals, als noch alles in Ordnung war? Falls A nicht versteht: Was hattest du damals im Umgang mit Paula, das du heute nicht mehr hast? » Vergangenheit „ICH“. | |
| 15. | B führt Michael in einen tiefen VAKOG+ auf die genannte Ressource. | |
| 16. | B „trägt“ die nun mit den wichtigsten Submodalitäten erlebte Ressource von ICH-Vergangenheit in ICH-Gegenwart, damit sie dort zur Verfügung steht. | Er kann dieser Ressource eine Form geben, etwa einen Edelstein, und sie in der Hand tragen. |
| 17. | Seperator » Meta. | |
| 18. | Michael assoziiert sich erneut in Paula, Vergangenheit. Wiederholung der Arbeit (Schritte 12 bis 17) mit „Paula“. | |
| 19. | Michael steht entsprechend Schritt 17 auf Meta und geht von hier auf Gegenwart – ICH. B: Wenn du jetzt auf Paula schaust – was hat sich verändert? B: Was sind die nächsten Schritte, die du gehen wirst, um den Konflikt zu lösen? » Zukunft ICH. |
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| 20. | B: Der Konflikt ist gelöst. Wie könnt ihr jetzt eure Zukunft gestalten? B: Und ist es das, was du willst? |
Hier soll Michael einen Als-ob – Rahmen kreieren, also formulieren, als ob das Ereignis bereits eingetreten wäre. |
| 21. | Michael antwortet: „Ja“ » Weiter mit 22. Michael antwortet: „Nein“ » Zurück auf Gegenwart ICH. Dort weiter mit 27 (Befragung Paula erübrigt sich). |
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| 22. | Seperator » Meta. | |
| 23. | Michael geht auf Paula Zukunft. Assoziation in Paula. | |
| 24. | B: Paula, Wenn du den Konflikt in der Gegenwart gelöst hast, wie wird sich deine Beziehung zu Michael hier, in der Zukunft, gestalten? B: Und ist es das, was du willst? |
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| 25. | „Paula“ antwortet: „Ja“ » Seperator » Meta » Schritt 26. „Paula“ antwortet: „Nein“ » Paulas Befragung ist beendet » Seperator » Meta » Schritt 27. |
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| 26. | Michael geht auf Peter Zukunft. Assoziation in Peter. B: Peter, wenn du jetzt in der Zukunft, nachdem der Konflikt gelöst ist, auf die Konfliktpartner schaust, was hat sich verändert? B: Peter, wenn du von hier zurück blickst, was war der wichtigste Beitrag von Michael, den Konflikt zu lösen? Und was der von Paula? |
Szenario: „Ja“ in den Schritten 21 und 25 |
| 27. | Michael geht auf Peter Zukunft. Assoziation in Peter. B: Peter, wenn du jetzt, in der Zukunft siehst, dass Michael (oder Paula oder beide) die Beziehung so nicht mehr möchte(n), was denkst du darüber, was sollte aus deiner Sicht jetzt geschehen? |
Szenario: „Nein“ in den Schritten 21 und 25 |
| 28. | Seperator. Meta: Abschluss. | |
| 29. | B: Wie fühlst du dich jetzt nach der Übung? Wie betrachtest du den Konflikt jetzt? |


